Dienstag, 6. Dezember 2005

your own personal doris day - mrs. treckiewicz

In dem verschissenen 250-Seelen-Bauerndorf im Mittelgebirge, in dem ich aufgewachsen bin, und in dem die Kühe auf jeden Fall schöner als die Mädchen waren, und die Eber besser dufteten als die Männer, gab es einen Glanzpunkt, mein ganz eigenes Disneyland:
Mrs. Treckiewicz
Sie war die Gattin eines amerikanischen Militärs, und wohnte mit ihm in einem Neubau(!) zusammen mit zwei weißen Königspudeln (!!). Wir dagegen hatten damals noch nicht mal ein Bad, und das Klo war draußen. Auch im Winter.
Ich besuchte sie jeden Tag, unter dem Vorwand, mit den Hunden zu spielen (ich mag gar keine Hunde).
Der wahre Grund: Sie hatte blonde Haare, frisiert zu einer mustergültigen Doris-Day-Frisur, mal Bob, mal mit Tuch hochgebunden, trug rosa Lippenstift und hatte den gleichen sommersprossigen Teint wie Doris.
Dazu trug sie rosa oder hellblaue, oft klitzeklein karierte Blusen und farblich passende Slacks.
Stil! Lippenstift! Keine Gummistiefel, keine Kittelschürze!
Und sie roch so gut.
Fehlte eigentlich nur, daß sie den ganzen Tag 'Que sera, sera' sang.
Und in der Küche gab es alles aus Tupperware, heimlich suchte ich immer die Ecken ab nach dem kleinen müllbeseitigenden Küchenroboter aus den Filmen.
Sie versorgte mich mit amerikanischem Essen, Süßigkeiten, alles was sicherlich vollgestopft mit künstlichen Aromen und Farbstoffen war, aber was ein Unterschied zu 'alles was man aus Kartoffeln machen kann' oder 'alles, was man vom Schwein auch doch noch essen kann'!
Ihren Mann mochte ich nicht, der guckte immer so komisch, wenn ich da war, der hat sicher den Braten gerochen, was es mit mir auf sich hatte.
Ich frage mich auch, ob sie sich nicht wunderte, was ich denn eigentlich von ihr wollte.
Ganz klar, ein bißchen Glamour, ein bißchen Hollywood, ein bißchen Wohltat für meine rosa Seele inmitten der Misthaufen.
Wer weiß, was sonst aus mir geworden wäre?
Mrs. Treckiewicz lebt noch, und wohnt jetzt ein paar Täler weiter. Ich denke ich sollte sie vielleicht einmal besuchen fahren und mich bei ihr bedanken.
Zumindest sei ihr hier mal ein kleines Denkmal gesetzt.
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