Orangen in Seidenpapier
Als ich gerade diesen blöden Aufkleber von meinen Frühstücksäpfeln pokelte (wer macht so einen Schwachsinn?) fielen mir die Weihnachtsapfelsinen ein, von denen meine Mutter immer eine ganze Kiste bestellte. Einige davon waren immer besonders, denn sie waren in bedrucktes Seidenpapier eingewickelt, zusammen mit der Holzkiste hatte das dann den Flair von Import aus irgendwelchen Kolonien ca 1900.
Davon legte sie auch immer welche auf die Weihnachtsteller, und natürlich waren die eingewickelten Apfelsinen immer die begehrteren, weil eben besonders. Allerdings waren die meistens auch schon schimmelig, wenn man sie auswickelte. Besonders eben. Im Winter gab es den Ritus, daß mein Vater für alle Apfelsinen schälte und ganz fein säuberlich das bittere Weiße abschabte, mit seinem Taschenmesser und den sechs verbliebenen Fingern.
Jedenfalls, plötzlich stand ich da mit Tränen in den Augen vor einem riesigen Loch, und ein Riesenkloß schob sich vom Herzen halsaufwärts. Das ganze verlorene Universum der Kindheit, als man nur ein Rädchen im oft rätselhaften und rituellen Getriebe des Lebens von anderen war, Häuser mit vielen Zimmern und Gewölben und vielen Geheimnissen in vielen dunklen Ecken, Vielfalt, Unermeßlichkeit und Milliarden Dinge. Verloren, vergangen, verweht. Wie die Welt in Bergmanns Fanny und Alexander, bloß, daß sie nur noch in meinem Kopf und Herzen existiert. Und dann irgendwann nicht mehr.
Na, das kann heute noch in Tränen enden, heute abend im Berliner Ensemble, bei Ingrid Caven.
Davon legte sie auch immer welche auf die Weihnachtsteller, und natürlich waren die eingewickelten Apfelsinen immer die begehrteren, weil eben besonders. Allerdings waren die meistens auch schon schimmelig, wenn man sie auswickelte. Besonders eben. Im Winter gab es den Ritus, daß mein Vater für alle Apfelsinen schälte und ganz fein säuberlich das bittere Weiße abschabte, mit seinem Taschenmesser und den sechs verbliebenen Fingern.
Jedenfalls, plötzlich stand ich da mit Tränen in den Augen vor einem riesigen Loch, und ein Riesenkloß schob sich vom Herzen halsaufwärts. Das ganze verlorene Universum der Kindheit, als man nur ein Rädchen im oft rätselhaften und rituellen Getriebe des Lebens von anderen war, Häuser mit vielen Zimmern und Gewölben und vielen Geheimnissen in vielen dunklen Ecken, Vielfalt, Unermeßlichkeit und Milliarden Dinge. Verloren, vergangen, verweht. Wie die Welt in Bergmanns Fanny und Alexander, bloß, daß sie nur noch in meinem Kopf und Herzen existiert. Und dann irgendwann nicht mehr.
Na, das kann heute noch in Tränen enden, heute abend im Berliner Ensemble, bei Ingrid Caven.
luckystrike - 2012/10/03 14:39
Opium
Herr von Oettingen und sein virtuelles Orangenpapiermuseum sind große Klasse. Und manchmal auch non-virtuell zu sehen, so vor einigen Jahren im Botanischen Museum.