Eine Woche Urlaub im November, und dann nicht in die Sonne flüchten, sondern in das kleine Dorf in der Eifel fahren, das hatte sich vage vorher schon als ziemlich bescheuert angefühlt, aber ich hatte keine Zeit, mit klare Gedanken zu machen, und irgendwie auch Sehnsucht.
Richtig bestätigt wurde ich am Sonntag auf der Autobahn, als ich nach durchzechter Nacht im Glamourdick Mansion nachmittags aufwachte und dachte, heute kannst du eh nix ausrichten, dann kanst du dich auch auf die Autobahn werfen. Um nach Einbruch der Dunkelheit bei Sprühregen übernächtigt und verkxxxatert dreispurig durch Baustellenumleitungen zu gleiten, braucht man Gottvertrauen, oder die Hoffnung jemals anzukommen schwindet rasant. Gottvertrauen habe ich nicht.
Jedenfalls, entgegen aller Wahrscheinlichkeit bin ich angekommen, und das leere Haus hat mich gut aufgenommen, Schwester hält es wirklich gut in Schuß. Jeden Morgen quetscht sich der verheulte Hmmel eine Stunde Sonne ab, wenn ich aufstehe, man gibt sich Mühe hier.
Waffeln von der einen, selbstgezüchtete Eier von der anderen Nachbarin.
Ein nächtlicher Allerheiligen-Besuch auf dem Friedhof, wo sich mittlerweile die Mehrheit der Familie befindet.
Zwei Häuser weiter hat sich ein 82jähriger Mann aufgehängt, in der Scheune, während seine Frau die Tasche fürs Krankenhaus packte. Frisch rasiert hat er sich noch, dann mit seinen Krücken eine Leiter hochgeklettert, sich die vorbereitete Schlinge um den Hals gelegt, und gesprungen. Er wollte wohl nicht ins Krankenhaus. Überraschend und entsetzlich für die Familie, wohl vorbereitet für ihn.
Gestern angefangen, im Haus zu räumen. Erstmal in der 50er/60er-Stube (wir haben auch ein 70er/80er Wohnzimmer), da zeitlich und emotional am weitesten entfernt. In jedem Zimmer Sediment an Andenken und Tinnef aus der Zeit und Generation, in der es am meisten bewohnt wurde. Hier: 40er bis 60er. Vor meiner Zeit.
In einer Ecke aber der Karton mit bestellten Sämereien 2008. Sommerastern, Buschbohnen, Tagetes, Zucchini wollte sie haben in 2008, aber es kam nicht mehr dazu.
Wenig geweint bisher, es ist wohl an der richtigen Zeit.
...sonst kommen der Glam und ich vorbei und dann wird es Ihnen so ergehen:
Das sieht nicht gut aus und fühlt sich sicher nicht gut an, deshalb, hören Sie auf uns und gönnen Sie sich einen wunderbaren Abend mit einem großen Entertainer - Michael von der Heide, in der Bar jeder Vernunft, noch vom 3.-8.11.
Michi mit Band bietet Pop mit den großartigsten Texten, Deutsch, Französisch und natürlich Schweizer Deutsch, eine unglaublich charmante Mischung in einer kraftvollen Performance - viel zu schade zum Sitzen bleiben, im Grunde. (Und schöner wird er auch noch über die Jahre, unerschämt!) Robbie kann im Grunde zuhause bleiben, aber überzeugen Sie sich doch selbst:
Gehen Sie hin, oder sie werden es bereuen (so oder s.o.)
Zwei Wochenenden in meinem Turmzimmer in Quarantäne mit Gegreine und Selbstmitleid, das muß reichen.
Es ist übigens nicht dasselbe Turmzimmer wie das Glam'sche, das ist natürlch viel mehr sexy, glamorös und wundersam.
Den größten Berg Arbeit dürfte ich jetzt hinter mir haben, und dann schaun mer mal weiter.
Wenn Sie sich was gutes tun wollen, dann lesen Sie doch The Monsters of Templeton von Lauren Groff. Das hab ich in den letzten Wochen auch getan, immer nur ein kleines Stück auf einmal, und dann im Hirn zergehen lassen. Ein wunderbarer Roman, ein sattes, üppiges Buch, und dazu noch ein Erstling.
Eine junge Frau kehrt schwanger nach einer schief gegangenen Affäre zurück ins Haus ihrer Mutter, in den Ort, den ihre Vorfahren in Upper New York State vor 200 Jahren gegründet haben. Just an eben jenem Tag wird das titelgebende Monster aus dem See, an dem die Stadt liegt, tot angespült.
Aus Gründen wirft sich die Protagonistin in die Recherche ihrer Familienverhältnisse, und was folgt, ist ein enorm vielstimmiges Panorama aus über 2 Jahrhunderten Templeton. Traumhaft schön geschrieben, ein großer Wurf.
Enjoy!
Letzte Woche sagte ich noch, ach noch 1-2 Kilo, dann finde ich mich selbst auch wieder fuckable.
Und was tut mein Körper? Obwohl ich nicht mehr so ganz so konsequent trenne, nimmt er konsequent einfach weiter ab. Fast 10 Kilo seit Mai. Der wills wissen, scheints.
Immerhin habe ich mittlerweile tatsächlich das Gefühl, daß der erste Gedanke, wenn ich irgendwohin komme, nicht mehr ist "Boah, ist der fett geworden!" (jetzt eher: "Boah, ist der alt geworden" ;-)
Aber ich geh mir heute glaub ich mal vorsichtshalber ein paar Tiefkühlpizzen kaufen. Ein bissel auf Zeit spielen.
Gestern Abend einen größeren Anfall der Rührseligkeiten gehabt, so mit Trauer um Vergangenes, und Sorgen um das Kommende, uferlos, und sinnlos. Ich bin froh, das nicht verbloggt zu haben, denn heut gehts ja schon fast wieder.
Jedenfalls, Sorgen um die Zukunft muß man sich eigentlich nicht machen, man kann ja immer noch mit allem spielen, was so bleibt, wie die Dame hier: It's a Candy Bra! Have a ball!
Die Landschaft ist wirklich ein Traum, besonders so im Hochsommer, offen im Auto befahren. Grillenzirpen, frisch gemähte Felder und Wiesen, Hecken, Hügelchen, vergessene Dörflein mit seltsamen Namen (Afrika! Ohnewitz!), natürlich die Alleen, und alle naselang ein köstlicher kühler See. Man muß gar nicht etliche Stunden auf einmal am See verbringen, denn gleich kommt ja schon der nächste zum Reinspringen.
Und dann erfüllt es einen mit Trauer, wenn man sich vorstellt, welche Kulturlandschaft Brandenburg einmal gewesen ist, mit Gutshäusern, Teil des preußischen Musterstaats (hier alles von Fontane einfügen, machen Sie sich die Mühe doch selber) und heute ein recht menschenleeres, vergessenes Bundesland mit großem Imageproblem, gern gemieden. Verlassen von den Bewohnern, auf der Suche nach Chancen, die es hier nicht gibt, gemieden von Besuchern, die vorsichtig geworden sind angesichts der vielen Berichte über Rechtsradikale und ihre Untaten.
Auch ich bin bei letzterem nicht ausgenommen, und das nicht nur aus bloßem Vorurteil. Unvergessen, wie sich in Birkenwerder vor ein paar Jahren die Skinheads wie Zombies aus all den Haustüren pellten, und uns auf dem Weg zum rettenden Bahnhof wie ferngesteuert vor ihnen her trieben. Die Horden am S-Bahnhof Königs Wusterhausen, die einem den netten Nachmittagsausflug am Nottekanal nach Mittenwalde zu dieser leckeren Konditorei endgültig verleideten. Der leider notwendige Besuch einer Tankstelle auf dem Weg zum lieben Freund, der den Sommer in einer Klinik an der Müritz verbrachte, als die landschaftlich bedingte paradiesische Stimmung binnen Sekunden in blanke Angst umschlug, 12 bullige Skinheads verfielen in eisiges Schweigen, als ich eintrat, um meinen Sprit zu bezahlen (mit dem sie mich anscheinend gerne verbrannt hätten.)
Und doch die letzten Tage, die Landschaft, das Einfache, das Menschenleere - ach! Nach Nordwesten hin, den Montag verbrachte ich in Havelberg, immerhin eine Hansesadt, durch all die kleinen Dörflein, das wohlaufgeräumte und gepflegte Dörflein Nitzow, das Bad in der Havel inmitten blühender Teichmummeln und Blumenbinsen. Grillen in einem alten Hof, mit bewohntem Storchennest auf der Scheune.
Die Choriner Schorfheide am Samstag und Sonntag, nur eine Autostunde von Kreuzberg entfernt, viel kleinteiliger und urwüchsiger, wo sich viele alternativere Menschen angesiedelt haben in den kleinen Gemeinden mit bloß 20 Einwohnern, wo anscheinend noch oder wieder eine intakte Dorfgemeinschaft besteht. Der Bürgermeister bringt frisch gepflückte Pfirsische und Pflaumen vorbei, auf dem Gesindehof, den Bekannte seit Jahren mit viel Liebe zum Detail und altem pittoresken Krempel zum Gästehaus ausbauen. Ein kleines Paradies, mit Katzen, Hund, Ziegen, Schafen, Gänsen, Hühnern und Hasen. Das Wochenende mit Freunden und zunächst fremden Familien dort verbringen, am Samstagabend mit allen zusammen Pizza im Lehmofen auf dem Hof backen und essen, ein Hauch Italien in der Uckermark. Und mindestens 4x am Tag in den Düstersee, oder den Sabinensee, oder den Stiernsee. Leichte Ernüchterung auf der Liegewiese am Stiernsee, wo auch viel echte Bevölkerung den Tag verbringt. Dann wieder paradiesisch und auch noch ökologisch-biologisch speisen, ein Dorf weiter in einem halbrestaurierten Gutshaus.
Die einzige Bedrohung, die ich dieser Tage sah, war die Aufschrift "Keule kommt sofort" auf einem Lieferwagen, aber dabei handelte es sich lediglich um einen Antik-An- und Verkaufshändler.
Ach, Brandenburg, ich mag dich nicht aufgeben, aber leicht machst du es mir nicht gerade.
... wir fahrn nach Brandenburg!
Heute gehts bis morgen abend in einen kleinen Ort in eine Gegend mit dem attraktiven Namen Schorfheide Chorin.
(Ich spare mir jetzt das mit der Schorf-Heide)
Ich bin gespannt, und muß noch eben einkaufen, heute abend gibt selbstgemachte Pizza. Wie Grebe schon sang.
Und sobald ich die erste Glatze sehe, die nicht an einem über 70jährigen ist, dann bin ich sofort wieder im Auto und zack wieder in Berlin, hab ich alle schon gewarnt.
"Derjenige, der wirft, muss auch fangen."
Hat der wunderbare, leider verschollene Herr Spango heute vor x Jahren über einen Mutterbeziehungsbeitrag kommentiert.
Und grade festgestellt, daß ich an diesem Tag in allen 4 Jahren Blogbestehen fleißig was geschrieben habe, also muß ich heute nicht ran.
Lesen Sie doch einfach währenddessen mal die alten Sachen, die kennen Sie nicht oder haben sie vergessen - es gibt dafür unten rechts extra die Knöppe "heute vor x Jahren", bedienen Sie sich!
"Wenn ich allein bin
seh ich Fruchtfliegen"
singt Katja Ebstein zur Melodie von Dionnes "Heartbreaker"
(stimmt natürlich nicht, sie sucht "Fluchtwege", aber es drängt sich auf.)
Jedenfalls, einer der Nachteile von Trennkost sind die vielen pflanzlichen Abfälle, die sich wiederbeleben, wenn man sie nicht schnell genug entsorgt. Einer der Vorteile dagegen ist, daß nun Halbzeit ist auf meiner Gewichtsskala, was dazu führt, daß man als schmaler im Gesicht wahrgenommen wird.
Und ersteres wird meine ukainische Putzbomberin wieder in den Griff bekommen, die diese Woche ihren Dienst wieder aufnimmt.
Irgendwie urlaubsreif, jeden Abend vor 12 im Bett, und trotz 10-12 Stunden Schlaf so übellaunig gewesen, daß ich gestern fast nicht mit zum See gekommen wäre. Gut, daß doch, denn die Laune hat sich auf dem Wasser und in der Gesellschaft schöner Menschen schlagartig gebessert,so daß den Ursprungszustand wohl fast keiner wahrgenommen hat. Und einen kleinen Sonnenbrand auf den Schultern ergattert, obendrein.
Abends dann Al Pacinos "Cruising" geschaut, ein Krimi aus den 70ern, der sich mit Morden in der New Yorker Schwulen-SM-Leder-Szene befaßt. Erstaunt gewesen, wie explizit und, ja doch, sehr erotisch, das dargestellt wurde (Lederkerle waren auch mal jung, damals, und sahen in Chaps und Jockstraps auch mal gut aus, damals), und wie das so langsam unter die Haut von Al Pacino geht, der sich dort undercover einschmuggeln muß. Lost Worlds.
Ich kann mich noch vage erinnern, damals - allerdings deutlich später als Al Pacino - als ich selbst noch hormongetrieben durch sommerabendheiße Straßen trieb, nur mit meinem eigenen Körper bewaffnet, in denen die Hormone der anderen wie die Vorahnung eines Gewitters standen.