salome muss weg

Gestern kam er dann, der Anruf von der Ausländerbehörde.
Sie habe sofort zu erscheinen, und 30 Euro mitzubringen. 30 Euro, das bedeutet neue Fotos, also ein Visum.

Ich hatte sie zum 24.10. entlassen müssen, da ihre Arbeitsgenehmigung dann auslief, und wir keine Meldung vom Amt bekommen hatten.

Dem war aber nicht so. In einem Zimmer mit Trennscheibe teilte man ihr mit, daß mein Antrag abgelehnt sei, und überreicht ihr ein auf den 12.10. rückdatiertes Schreiben. Die Argumentation der Ablehnung ist so, daß ich dagegen nichts unternehmen können werde.
Der angebotene Job sei nicht mit der Qualifikation der Antragstellerin zu vereinen. Dagegen kann man nicht sagen. Obwohl in Deutschland sehr viele Magister und Magistras der Literaturwissenschaft in CallCentern arbeiten. Müssen.

Der Ton der Sachbearbeiterin ist gereizt und wird zuweilen sehr laut. Höhnisch wird ebenfalls darauf hingewiesen daß man sich "den ganzen Wirbel auf den verschiedenen Ämtern" hätte sparen können, sie hätte sowieso keine Verlängerung bekommen.
Sie wird darauf hingewiesen, daß sie zwei Wochen Zeit habe, rechtlichen Widerspruch einzulegen, der aber mit Sicherheit scheitern werde. Und daß sie dann auf jeden Fall kein Touristenvisum bekommen werde, falls sie einmal als Besucher nach Deutschland einreisen wolle.

Ihr Personalausweis wird ihr abgenommen wie einer Verbrecherin, und sie muß 10 Euro für die Aushändigung eines Ausreise- und eines Passierscheins bezahlen. Den Personalausweis bekomme sie dann am Flughafen zurück.

Eigentlich verwundert es einen, daß sie nicht gleich mit Bullenwanne an den nächsten Flughafen gebracht und deportiert wird.

Deutschlands Gastfreundschaft hat, wenn man aus dem falschen Land kommt, eine harte kalte Brust. Und die Erfüllungsgehilfen scheinen in Stil und Ausführung ihre Arbeit in guter alter deutscher Tradition zu verstehen.
pretender79 - 2007/10/26 12:59

lang lebe der faschismus

und nun? nichts? kann man garnichts machen?

luckystrike - 2007/10/26 13:14

ich fürchte nicht. außer daß ich den vorgang nun nochmal ausführlich aufschreiben werde und an verschiedene stellen geben werde.
kittykoma - 2007/10/26 13:02

oh mann, das ist traurig.

r|ob (Gast) - 2007/10/26 13:09

Kann nicht dennoch ein Anwalt des Vertrauens prüfen,ob die Argumentation wirklich rechtssicher ist? Ich würde die Beratung mit einem Beitrag finanziell unterstützen.

Perfide ist, dass man auch die Dokumente seiner eigenen Abschiebung zahlen muss.

luckystrike - 2007/10/26 13:16

ich hab die argumentation oben im text nachgerüstet. hatte mir schon gedacht, daß so etwas kommt. ich fürchte da kann man nicht gegenhalten.
aber vielen dank für das angebot, wirklich!
Cecie (Gast) - 2007/10/26 14:42

mir wird schlecht, wenn ich das alles lese. da schämt man sich nur noch für sein land und diejenigen, die es in seinen behörden vertreten. alles gute für deine mitarbeiterin und für dich in der hoffnung, dass ihr es beide jeder für sich hinbügeln könnt und die beruflichen konsequenzen verwindet.

luckystrike - 2007/10/26 15:53

das kann man ganz genau so sagen: ich schäme mich als deutscher und als berliner, wie in unserem auftrag und mit unseren geldern menschen so behandelt werden.
arboretum - 2007/10/26 15:09

Der reinste Hohn

Der angebotene Job sei nicht mit der Qualifikation der Antragstellerin zu vereinen.

Wenn ein ALG II-Empfänger dieses Argument bei den zuständigen Kollegen dieser Sachbearbeiterin anbringen würde, dann wäre aber was los.

Und wenn ich mir das Verhalten und Auftreten so mancher Mitarbeiter auf den Ausländerbehörden anschaue, dann frage ich mich manchmal schon, was eigentilch deren Eltern und Großeltern damals so gemacht haben.

luckystrike - 2007/10/26 15:54

in der tat

"Wenn ein ALG II-Empfänger dieses Argument bei den zuständigen Kollegen dieser Sachbearbeiterin anbringen würde, dann wäre aber was los."

Schöne Argumentation. aber die können sie ja auch nicht der einfachkeit halber ausweisen, auch wenn manche Sachbearbeiter das sicher gerne täten.
raketenprinz - 2007/10/26 16:27

da ist man sprachlos. als gegenmaßnahme möchte man jetzt nur noch ausländer einstellen. alleine, damit sich die perfide logik der politik nicht rechnet.
(der prinz kann sich noch gut an die zeiten in der ausländerbehörde erinnern, als er noch nicht eingebürgert war. das ist verbeamtete, staatlich gewollte widerwärtigkeit.)

luckystrike - 2007/10/26 19:34

und das, obwohl sie ja noch nicht mal aus einem östlich-unterprivilegierten land kommen!
raketenprinz - 2007/10/27 03:48

vor dem amt waren wir alle kanacken, auch us-bürger. das stand wohl so in den dienstvorschriften.

der prinz wünscht salome jedenfalls trotz des beschämenden verfahrens viel erfolg, glück und vor allem gelassenheit bei dem, was sie nun antreten wird.
ondamaris (Gast) - 2007/10/26 17:59

eine betrübliche geschichte, die zunehmend traurig stimmt ... und an so einigen realitäten in diesem land (ver-)zweifeln lässt
beeindruckend deine schilderungen über die vorgänge - vielelicht kann auch auf diesem weg ja zumindest öffentlichkeit etwas bewirken, wenn auch vielleicht nicht mehr im konkreten fall so doch im generellen ... (hoff...)

luckystrike - 2007/10/27 12:32

ja, ich werde den vorgang noch fertig aufschreiben, und dann an den senat und ein paar stellen zur stellungnahme schicken. obs was nützt? glaub ich nicht.
sabbeljan - 2007/10/26 18:13

widerspruch einlegen. in jedem fall, auch bei geringen erfolgsaussichten, das ist schließlich ihr recht.

habt ihr einen spezialisierten anwalt drauf angesetzt?

die leute vom amt: ich sehe das immer zweischneidig. jemand der zum beispiel 20 jahre bei der drogenfahndung arbeitet und dementsprechend "viel gesehen" hat, dessen bild von der gesellschaft ist notwendiger weise verzerrt. das ist niemand von frei. die einzige alternative, die ich dazu sehe ist eine verpflichtende rotation, damit der frust und die abstumpfung nicht so gross wird, das man seinem gegenüber derart unsensibel gegenüber tritt. die menschen in den ämtern können notgedrungen nicht das einzelschicksal sehen, sondern den riesigen stapel auf ihrem schreibtisch. ich will damit wirklich nichts entschuldigen. ich beschwere mich trotz dieser einsicht bei schlechter behandlung trotzdem immer. und das ist auch richtig so. aber die "amtsschikane" ist auch ein stückweit systemimmanent.

luckystrike - 2007/10/26 19:38

ich glaube nicht, daß es sinn macht, widerspruch einzulegen.

und mein verständnis hält sich absolut in grenzen. wenn die ihren job nicht so schaffen, daß sie einem anderen seine rechte und seine menschenwürde lassen, dann gehören die gefeuert.
Das sage ich, der in der dienstleistung arbeitet. eine entschuldigung für eine solche einstellung gibt es nicht. diese menschen sind falsch oder gar nicht geschult, und sie reflektieren nicht, daß sie unsere angestellten sind, die mit unserem geld finanziert werden.
larousse - 2007/10/26 18:23

Das

ekelt mich richtig an. Widerlich!!

nessy - 2007/10/26 22:27

Gelähmt

Wie unwürdig ist das denn bitte?

engl - 2007/10/26 23:42

übel. mir ist übel.

spango - 2007/10/27 09:58

deutsche beamtenstubenhölle. unglaublich. gibt es denn material für eine dienstaufsichtsbeschwerde?

luckystrike - 2007/10/27 12:33

ich schreibe das mal alles zusammen, aber sie wissen ja, eine krähe hackt der anderen kein auge aus.
spango - 2007/10/27 12:48

ich weiß nur, dass das das einzige ist, wovor beamten muffe haben. haben mir schlimme beamte im ruhestand bestätigt.
luckystrike - 2007/10/27 12:53

dann wollen wir sie zumindest mal erschrecken!
RokkerMur - 2007/10/28 04:03

Es gibts nichts schlimmeres wenn "unkündbare Beamte"
sich auf ihre Meinung versteifen und einbunkern.
Ich habe bei luckstrike aber damit gerechnet das der 1te Plan aufgeht.
Zu den Krähen: (satire)
Im Kampf um Weibchen hacken sie schon.
luckystrike - 2007/10/28 18:31

Salome war einmal im Raum eben jener Sachbearbeiterin, als ihr die Unterlagen einer anderen Bewerberin hingelegt wurden. Ihr Kommentar: "Die schon wieder, versucht die schon wieder einen neuen Trick. Aber von mir kriegt die nix!"
RokkerMur - 2007/10/29 07:20

Würde es mehr ihrer Sorte geben (ich meine von der Zivilgesellschaft) braucht man nicht schwarz in die Zukunft zu sehen.Und es gibt mehr von ihrer Sorte auch in D und sogar unter Beamten.
Ich werde trotzdem versuchen über Freunde in Deutschland etwas zu erreichen.
Mittwoch melde ich mich wieder ;)
warteschlange - 2007/10/27 10:10

spange hat recht.
Ist eine Hölle.
Oder der Beamtenhimmel.
:((

Manfredinblack - 2007/10/29 07:51

Dienstaufsichtsbeschwerde und Widerspruch gegen den Bescheid, eventuell vor Verwaltungsgericht einen Herstellung in den vorherigen Stand erreichen, da ein fehlverhalten der behörde vorliegt und die Widerspruchsfrist ohne eigenes Verschulden versäumt wurde. Falls es sich so zugetragen haben sollte.
luckystrike - 2007/10/29 10:54

nee, die widerspruchsfristen wurden angehängt, und gegen den bescheid haben wir keine chance. aber ich kann mich natürlich über die behörde beschweren, das haben die ja anscheinend auch mißbilligend wahrgenommen.
Paulaline - 2007/10/29 08:38

Ich musste das Ganze hier erst einmal durchlesen.

Ich denke, Du müsstest diese Willkür öffentlich(er) machen. So etwas wie Unterschriften sammeln? Ob das etwas bringen kann? Du hast das Medium und hier ja schon etliche Leute, die Dir dabei helfen würden (gehe ich von aus), es zu verbreiten.

Vielleicht wäre das einen Versuch wert. Denn ich bin mir relativ sicher, daß, wenn da die Öffentlichkeit auf den Fall guckt, eine Aufsichtsbeschwerde deinerseits noch etwas kritischer angesehen würde, nicht wahr?

luckystrike - 2007/10/29 10:55

also ich habe nun wahrlich keine zeit, um auch noch unterschriften sammeln zu gehen - da bitte ich um verständnis.
Spontiv (Gast) - 2007/11/12 17:34

Mist, Blöder!

Ich hatte gehofft das irgendwie die Vernunft siegt. Offensichtlich sitzt die Bürokratie mal wieder am längeren Hebel!

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